Regie:
Ulrich Rasche
Bühne: Ulrich Rasche, Hector Solari
Kostüm Lebende Statue: Hans Thiemann
Licht: Britta Mayer
Video: Micz Flor
Sound: Chris Flor
Piano: Maximilian Kraft
mit Bartel Meyer, Markus Meyer, Kurt
Radeke, Nadja Schulz-Berlinghoff und Ilse Werner sowie dem Passat-Chor
"Abschied. I Wish You Love" schichtete Szenen des inneren und äußeren
Abschieds zu einer Erkundung menschlicher Isolation und berührte in
seiner formalen Konsequenz Grundsatzfragen theatraler Darstellung. Drei
Schauspieler, der 50-köpfige Passatchor und der ehemalige Ufa-Star Ilse
Werner agierten in streng choreographierten Tableaus, die durch
Videoprojektionen des Berliner Künstlers Micz Flor gerahmt wurden.
Ilse Werner und der Passat-Chor repräsentierten den Trennungs- und
Sehnsuchtsgedanken des Volksliedes auf einer übergeordneten,
gesellschaftsbezogenen Ebene. Sie konterkarierten und bespiegelten mit
der an ihnen selbst ablesbaren kulturell bestimmten Vorstellung von
Abschied die individuelle, sich auf engstem Raum vollziehende, innere
Trennung eines amerikanischen Ehepaares im kleinbürgerlichen Milieu.
Die Kurzgeschichte "Die Frau des Studenten" des Amerikaners Raymond
Carver stand im Zentrum des anderthalbstündigen Abends.
Carver schildert in seinen Geschichten ganz gewöhnliche Situationen im
Leben einfacher, von der Literatur vielfach übergangener Menschen. Er
bevorzugt das familiäre Milieu und variiert das Thema brüchiger
zwischenmenschlicher Beziehungen, in denen die Liebe erkaltet ist.
Statt sich miteinander auszusprechen, redeten die Figuren unablässig
aneinander vorbei. In ihren Sprachmustern äußerte sich die Unfähigkeit
zu kommunizieren. Allein und in sich gefangen, waren die Figuren nicht
imstande, dem Geschehen eine entscheidende Wende zu geben. Die Regie
enthob die beiden Protagonisten ihres sozial determinierten Milieus und
positionierte Mann und Frau auf die abstrakte Fläche des monochromen
Bühnenbaus. Die Inszenierung zielte darauf, die herkömmliche
Erwartungshaltung des Theaterbesuchers zu enttäuschen, um die
eigentlichen ästhetischen Qualitäten von Text und Theater in den
Betrachtungshorizont zu rücken. Rhythmus und Musikalität des Textes
sowie der körperliche Vollzug des Sprechens waren in dieser
Inszenierung von besonderer Bedeutung.
Abschied wurde entgegen einer dramatischen Ästhetik nicht im
realistischen Illusionsspiel hervorgebracht, sondern durch die
Unmittelbarkeit der Körperpräsenz geweckt. Minimalste körperliche
Abwendungen vom Partner, Fingerbewegung und Atmung gerieten in das
Wahrnehmungsfeld des Zuschauers.
Der
Regisseur Ulrich Rasche knüpfte mit seiner Arbeit bewußt an die
minimalistische Kunst der sechziger Jahre an. Er reklamierte damit für
das Theater, was in die bildende Kunst spätestens mit den Arbeiten von
Jackson Pollock, Sol Lewitt und Richard Serra Einzug gehalten hat: Die
Vorrangigkeit der konzeptuellen Form vor der Einmaligkeit und
Originalität des Werks. Die radikalen bildimmanenten Positionen der
sechziger Jahre dienten Rasche heute in einem veränderten
gesellschaftlichem Umfeld wieder als Anknüpfungspunkte, um für
Schauspieler und als Regisseur Strategien zu entwickeln, die sich der
Massenkultur des authentischen und unmittelbaren Ausdrucks widersetzen.
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