FINNLAND vom 24.April bis 2.Mai 1998 ... und jeder hat in Lappland seine eigene Sauna. Über die Reise berichtet Volker Seemann |
|
Mit der diesjährigen Reise nach Finnland besuchte der PASSAT CHOR ein Land, welches zu einem Viertel nördlich des Polarkreises liegt; betrat der PASSAT CHOR erstmals einen Zipfel der arktischen Region, in der die Zonen der Polarnacht und der Mitternachtssonne beginnen. * Die Reise begann am 24.4.1998 um 6:00 Uhr mit dem Bustransfer zum Hamburger Flughafen. Die Startverzögerung wegen eines defekten Flugbordradars beunruhigte uns nicht. Wir nutzten die Zeit, den Bestand an in Finnland teuren „Lebensmitteln“ im „Duty free shop“ zu ergänzen. Oder wir studierten nochmals das verheißungsvolle Reiseprogramm, welches große Auftritte in Helsinki und Tampere vorsah. Bei Regen dann der verspätete Start. Aber bei Sonnenschein erblickten wir nach zwei Stunden während des Landeanfluges auf Helsinki viele der den Küsten Finnlands vorgelagerten Schären und Inseln. Die Behauptung im Reiseführer, dass man in Finnland mit Regenschirmen kein Geld verdienen könne, schien zu stimmen. Prima, das Wetter war so richtig für eine Stadtbesichtigung geeignet. Doch wir wussten, daß uns dafür keine Zeit blieb. Nach der Quartiernahme im Hotel Marski brachte uns bereits um 15 Uhr der Bus zum Auftrittsort, dem Helsinki Talo. Immerhin gab uns der Reisebegleiter Informationen über die auffälligen Sehenswürdigkeiten, welche wir auf dem Wege zur Halle passierten. Der Soundcheck in der Konzerthalle war einer der besonderen Art, denn hier mußte nun mit dem finnischen Sänger Matti das gefügt werden, was der Chor in Lübeck zu seinem Solo geübt hatte. Es gelang zur Zufriedenheit aller problemlos. Auch der von Ralph Steinführer geplante und bereits in Lübeck getestete Bühnenaufbau des Chores ließ sich ohne Schwierigkeiten umsetzen. Am Abend dann vermochte uns unser „alter“ Chorleiter Christoph Dammann zu einer schwungvollen und gekonnten Darbietung wie am nächsten Tage auch in Tampere mitzureißen. Was hat Herr Matti, der unsere einzelnen Lieder auf finnisch ankündigte, dem Publikum wohl so alles erzählt? Nach dem Auftritt gab es nur wenige, welche sich noch für das Nachtleben in Helsinki interessierten, für diese allerdings um so heftiger. * Am nächsten Tag starteten wir bereits um 8.30 Uhr in Richtung Tampere. Wir genossen die Busfahrt, ließen die Landschaft an uns vorbeigleiten, blickten auf die gefrorenen Seen, die silbrig glänzend zwischen den Bäumen sichtbar waren. Autos begegneten uns selten, denn nur 5 Millionen Finnen dürfen sich 40.000 km asphaltierte Straßen teilen und dies bei einer Landesgröße von Deutschland. Schwärmten wir auf der Fahrt nach Tampere noch von der Natur, so faszinierte uns nun die futuristische Konzerthalle, die wir gleich nach der Ankunft im Hotel aufsuchten. Beeindruckte uns schon das geschickt von Bäumen umgebene Äußere der Halle, ver schlug uns der Blick von der Bühne in den Zuschauerraum förmlich die Sprache. Wie elegant waren die Sitzreihen auf verschiedene Ebenen verteilt. Welche angenehme Atmosphäre strahlte die innere Holzkonstruktion trotz aller Funktionalität aus. Ab Probenbeginn mit dem finnischen Fernsehen TV2 hatten wir keinen Blick mehr zu haben für den Zuschauerraum. Die geplante kurze Durchlaufprobe entwickelte sich zu einer Mammutprobe, welche erst 40 Minuten vor dem eigentlichen Auftritt endete, das Fernsehen machts möglich! Professionalität war gefragt, wir merkten, dass wir ernst genommen wurden. Nicht nur bei den älteren Chormitgliedern spiegelte sich Erschöpfung in den Gesichtern wider. Jeder Sänger suchte auf seine Weise anschließend eine kurze Erholung für den müden Körper. Pünktlich um 19.30 Uhr betraten wir mit forschen Schritten und strahlenden Gesichtern wieder die Bühne. Nach 2½ Stunden war Programmende lachend und winkend verließen wir nach etlichen Zugaben und unter tosendem Beifall die Bühne. Hinter den Kulissen empfing uns unser „neuer“ Chorleiter Wolfram Wende und gratulierte zur gebotenen Darbietung. Nach dieser körperlichen Anstrengung entspannten sich die Sangesbrüder im Hotel bei einer (oder mehreren?) Erfrischungen und fielen dann in die Betten. * Nun am dritten Tag begann der Abschnitt der Reise, der uns nach Lappland, dem nördlich des Polarkreises liegenden Teil Finnlands führen sollte. Zunächst aber mussten wir wieder zurück zum Flughafen von Helsinki. Während einer Rast an einem der vielen noch zugefrorenen Seen spendierte Rudi Busch anlässlich seines Geburtstages ein „aufwärmendes“ Getränk. Danach hellten sich auch die letzten Mienen wieder auf, die Anstrengungen der Vortage waren vergessen. Unser musikalischer Glückwunsch im Freien lockte auf dem Rastplatz befindliche Finnen an. In Helsinki verabschiedeten wir uns auf dem Flughafen von den Sangesbrüdern, die aus beruflichen Gründen nicht an der Weiterfahrt teilnehmen konnten und wieder gen Heimat fliegen mußten. Wir anderen bestiegen um 12.30 Uhr den Flieger nach Rovaniemi, wo wir 1 Stunde später landeten. Wir befanden uns nun genau am nördlichen Polarkreis. Vor dem Flughafen liegende, in der Sonne langsam schmelzende Schneeberge verrieten, dass in dieser Region der Winter die längste Jahreszeit ist und er nun Ende April allmählich mit dem einsetzenden Sommer im Wettstreit war. Nur am Polarkreis, wo der Winter so lange ausharrt, kann der Weihnachtsmann wohnen, dachten die Finnen und begannen 1984 hier das Werkstattdorf des Weihnachtsmannes zu bauen. Klar, daß auch wir den bekannten Herrn in seinem Dorf besuchten. Dick und bräsig saß er in seiner Holzhütte, umgeben von zahlreichen weihnachtlichen und käuflichen Souveniers und einer wohl nicht ganz zufällig aufgebauten Kamera. Hier konnte man sich auf einem Photo mit ihm ablichten lassen. Ein Schild mit den Arbeitszeiten verriet, dass er wohl gewerkschaftlich organisiert war. Ob sich einige Sangesfreunde wohl nach Ende der Reise noch erinnern, daß sie hier bereits ihre Weihnachtspost für das Fest ‚98 aufgegeben haben? Bei allem Bemühen der Veranstalter, weihnachtliche Stimmung zu erzeugen es gelang nur spärlich. Aber immerhin, Ende April in einem weihnachtlich geschmückten Restaurant zu speisen war einmal ganz anders. Eine Reise des Passat Chores ohne Bildungserweiterung? Nein! Also war unser nächstes Tagesziel das Arktikum, ein Wissenschaftszentrum und Museum in einem zwar modernen, aber bewundernswert der Landschaft angepaßten Bau. Hier erhielten wir zahlreiche Informationen über die Menschen nördlich des Polarkreises, über ihr Brauchtum und ihre Kulturen, über ihre Geschichte und die Natur in der sie lebten. So erfuhren wir, daß die Wurzeln der Sami wir nennen sie Lappen etwa 4.000 Jahre zurückliegen, in der samischen Sprache die Wörter „Krieg“ und „Gewalt“ fehlen, sie von den Landeseroberern immer weiter nach Norden verdrängt und erst in den unwirtschaftlichen Regionen des nördlichen Polargebietes Ruhe fanden. Im finnischen Teil Lapplands haben noch etwa 6.500 Sami ihren Lebensraum. Die Information, daß die Sami trotz des Festhaltens an ihrer Kultur seit den 60er Jahren sich nicht mehr ausschließlich von Rentieren ernähren, sie oft in festen Gebäuden leben und moderne Hilfsmittel (Motorschlitten) bei der Rentierhaltung nutzen, erschien vielen in der heutigen technisch fortgeschrittenen Zeit eher selbstverständlich. Jeder betrachtete bereits gekaufte „Lappensouveniers“ nachdenklich, als wir hörten, daß die Touristenindustrie die Kultur der Lappen vereinnahmt hat, indem sie den Markt mit unechten „Lappenartikeln“ überschwemmten. Am Abend probierten bereits einige Sänger im Restaurant des Hotels ein Rentiergericht. * Am Montag verließen wir mit einem Bus Rovaniemi. Während leichter Regen uns wieder an den Jahreszeitenwechsel erinnerte, zeigten die zunehmenden Schneemassen rechts und links der Straße, daß wir weiter gen Norden fuhren. Gut, dass wir wetterfeste Kleidung dabei hatten, denn beim nächsten Halt abseits der großen Hauptstraße mußten wir durch hohen Naßschnee zur einsam gelegenen Galerie des bedeutensten Kunstmalers Lapplands, Reidas Sarstöniemi (19251981), stapfen. Die Bilder und Ölgemälde des Künstlers, zu denen er von der Natur Lapplands inspiriert wurde, regten ergänzend zu den bisherigen Informationen über diese Region unsere Phantasie an. Während der Weiterfahrt sahen wir, daß das Land hier keineswegs nur flach ist, es gab bemerkenswerte Erhebungen. Gegen 16 Uhr erreichten wir unser Ziel, die 200 km nördlich des Polarkreises gelegene Hotelanlage Sirkanthäti am Fuße des 550m hohen Berges Levi. Die in Zimmern integrierten Saunen nutzten viele Sänger gleich zu einem ausgiebigen Schwitzen. Erfrischt trafen sich alle am Abend im Gesellschaftsraum. Es galt, die Vorhaben für die nächsten Tage zu planen, denn Eigeninitiative war bei der Erkundung der umgebenden Natur angesagt. * Einige wählten eine Erkundung mit dem Schneemobil. Bei einem Verleiher am Flughafen Kittilä wurden sie zunächst in die Handhabung der Motorschlitten eingewiesen. Winterfest eingekleidet (incl. Sturzhelm) mußten sie sich dann in der Kolonne alleine mit dem Fahrzeug auseinandersetzen. Beim Gasgeben schoß das Gefährt wegen der direkten Übersetzung nach vorne, Bodenwellen schüttelten die Fahrer während der Fahrt mächtig durch und das oberste Gebot war, auf festen Spuren zu bleiben. Trotzdem, einige rutschten in den seitlichen tiefen Schnee, sackten ein oder stürzten sogar um. Ein Sangesbruder gab entnervt auf, das im Tiefschnee festgefahrene Schneemobil wurde für eine spätere Abholung durch den Vermieter liegengelassen. Völlig verschwitzt erreichte die Crew nach etwas 60 Minuten den Wendepunkt und erzählte dort in rustikaler Atmosphäre und bei Kaffee und Kuchen, wie toll sie den Motorschlitten letztlich doch beherrscht oder welche Schwierigkeiten sie überwunden hatten. Auf der Rücktour fuhren alle sicherer und hatten nun auch einen Blick für die Natur. Ganz Verwegene berichteten, daß sie mit 100 km/h durch die Landschaft gebraust sind. Andere Tage wurden für die Fahrt mit Hundeschlitten genutzt, natürlich unter Anleitung von Hundeführern. Keine Motorgeräusche störten die Stille. Nur das anfangs ohrenbetäubende Kläffen und spätere Schnaufen der Huskys gaben den Ton an. Bei dieser Fortbewegungsart im Stehen mußten sich die Teilnehmer total auf die vorgespannten Hunde und den Schlitten aus Rohrgeflecht konzentrieren. Einseitige Beinbelastung erzeugte Muskelschmerz. Auch hier galt es, nicht von der Piste abzukommen und der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Schlitten war unbedingt notwendig. Diesen jedoch konnte einer der Sänger nicht einhalten, geriet mit seinem Gespann in das Hundegefüge eines anderen Schlittens und störte so dort die Ordnung. Das damit ausgelöste Chaos endete für den Sangesfreund mit einem Hundebiß. Die Erstbehandlung durch unseren Doc Jörg Stintz und die Tetanusimpfung in der Klinik haben Folgewirkungen verhindert, denn bis heute sind beim Sangesbruder keine Verhaltensänderungen aufgefallen. Nur wenige erkundeten die Natur per Langlaufski und glaubten, damit die leichteste und eleganteste Fortbewegungsart gewählt zu haben. Sie mußten aber feststellen, dass der Umgang mit den fast zwei Meter langen Brettern bei dem leider einsetzenden Nieselregen auch seine Tücken hatte. Ähnlich erging es einem anderen Sangesfreund, welcher mit Abfahrtsskiern und zwischen den zahlreichen Liften vom Wetter, hier allerdings Schnee und Wind, überrascht wurde und völlig verfroren nach Hause kam. Das alles tat aber der Freude am Erlebten keinen Abbruch. * Fünf Tage waren in Levi mit derartigen Aktivitäten ausgefüllt, der Kalorienverbrauch erheblich und es fügte sich gut, dass wir diese mehrere Tage lang an opulenten finnischen Buffets wieder ersetzen konnten. So am Überraschungstag, den 30.4.98, als wir mit dem Bus nach Köngas fuhren, einer kleinen Ortschaft am Ufer des zugefrorenen Ounasjoki gelegenen und dort einen idyllischen Lappenhof besuchten. Sportliche Betätigung im Schnee als fröhlicher Gruppenwettstreit im Freien und ein Besuch fast des ganzen Chores in der am Fluß stehenden, großen rustikalen Blockhaussauna sorgten zunächst für Hunger. Dieser wurde in dem gediegenen Ambiente des Haupthauses mit kulinarischen Köstlichkeiten gestillt. Das Anrichten der Speisen wurde in bester lappländischer Tradition zelebriert. Heringshäppchen, Fische und verschiedene Rentierbraten wurden nebst zahlreichen Beilagen wie Pilze, Marinaden und kleinen gerösteten Kartoffeln gereicht und genüßlich verzehrt. Mit einem musikalischen Gruß bedankten wir uns für die vorzügliche Bewirtung. Am Freitag, den 1.Mai 1998, nachdem wir tagsüber bereits am Umzug anlässlich der VappuFeier teilgenommen hatten (der Sommer wird mit diesem Fest begrüßt) suchten wir abends das „Huro Poro“ (Verrücktes Rentier) auf. Hier genossen wir in rustikalster Umgebung, an Tischen um ein offenes Feuer sitzend, Getränke aus emaillierten Bechern. Neben den schon bekannten Spezialitäten probierten wir auch die fetten finnischen Fleischwürste. Ausgelassene Stimmung beherrschte diesen Abend, der unser letzter hier in Lappland war. Denn am Samstag, den 2.5.98 traten wir mittags bei schönstem Sonnenwetter die Rückreise an und landeten um 19.30 Uhr in Hamburg * Herzlichen Dank dem Organisator dieser Reise, Jens Uwe Heinz, dem Reisebegleiter Christoph 2 vom HapagLloyd Reisebüro und dem finnischen Reiseführer Äser. Aber halt, das darf doch nicht unerwähnt bleiben: Da war doch der Sangesbruder, der tatsächlich einen fast 1 m langen und 20 cm dicken Holzstamm aus Finnland in seinem Reisegepäck hatte. Wahrlich ein ungewöhnliches Souvenir. Und da war doch der Sangesbruder, dessen Gepäck bei der Rückreise erst gar nicht ins Flugzeug, sondern wieder ins Hotel gelangte. Erst Tage später erreichte es nach verschiedenen Telefonaten und Nachforschungen seinen Empfänger in Lübeck. Und dann war da noch ein Gerücht, daß in einigen Zimmern die Sauna als gemischte Sauna genutzt wurde (tatsächlich sich die Mischung aber nur auf die unterschiedliche Stimmlagenzugehörigkeit der Sangesbrüder bezog). |
|