Die diesjährige Chorreise
ging nach Griechenland. Australien und Kuba liegen für uns zu weit weg, und wir
wollten etwas für die deutsch-griechische Freundschaft tun, zumal es in den letzten
Monaten zunehmend Irritationen auf beiden Seiten gegeben hatte. Außerdem hat Mitsänger
Thorwald Suhr früher fünf Jahre lang in Griechenland gelebt und gearbeitet und
wollte gern eine Reiseroute für den Chor ausarbeiten.
Es lag nahe, dass man das
Land im Frühling besucht, wenn es sich im grünen Pflanzenkleid zeigt. Spannend
wurde das Vorhaben plötzlich, als am 25. Januar eine ganz andere Regierung
als bisher in Athen gewählt wurde. Die Reise würde in die Megali Evdomáda, die
Karwoche der orthodoxen Kirche, hineinreichen, was früher ein Argument gegen
diesen Zeitpunkt gewesen wäre. Dann war da noch kurz vorher der absichtlich
herbeigeführte Absturz einer deutschen Maschine durch einen lebensmüden Piloten
mit 150 Toten, der uns hätte beunruhigen können. Aber, um es vorweg zu nehmen,
die vier Flüge nach Athen über Zürich und zurück mit SWISS waren sehr
professionell und tadellos.
Im Chor hatten wir vorher mit
Stephan das Volkslied „Xekina mia psaropoula“ eingeübt. Ein Faltblatt über Lübeck mit Fotos
und Text war von LTM Lübeck ins Griechische übersetzt und das Layout von Ralph
Steinführer fertiggestellt worden. Jens Schroeter hat die Verhandlungen über
die Flüge mit der Frage nach dem Gepäck der Musiker sowie die Hotelbuchungen
übernommen.
Leider mussten zwei Chormitglieder aus gesundheitlichen Gründen
zurücktreten.
Unter diesen Vorzeichen
machten sich am 1. April 24 Sänger, 5 Musiker und unser
Chorleiter Stephan Fleck auf
die Reise.
Wir hatten für unsere zwei
Auftritte in Athen in der Nähe des Larissa Bahnhofs drei Übernachtungen
gebucht. Diese Tage waren anstrengend, aber höchst interessant. Denn da war
einmal die große Stadt, wozu man jetzt unbedingt hinzufügen muss, dass Athen
durch die Olympischen Spiele 2004 einen riesigen Sprung nach vorn gemacht hat. Und dann unsere zwei Auftritte.
Am ersten Abend hatten wir
noch ein Kurzreferat durch einen Herrn der Adenauer-Stiftung über die aktuelle
Situation in Griechenland. U.a. hat er mehrfach darauf hingewiesen, dass in
Griechenland viele Verschwörungstheorien kursieren. Wir waren aber müde und
daher froh, vom Hotel zum Essen eingeladen (!) zu werden.
U.a. gab es Stifado! Das war sehr freundlich
uns gegenüber.
Wir hatten dann zwei halbe
Tage für touristische Zwecke und jeweils am Abend einen Auftritt. An dem einen
Tag fuhr uns der Bus zum Syntagma-Platz, wo wir vor dem Parlament nicht
nur die berühmte Wache sondern auch sogleich eine Demo zugunsten politischer
Gefangener beobachteten. Ein kleiner Rundgang die Ermou entlang, dann zur
eingerüsteten Kathedrale und durch die Plaka bedeutete weitere Eindrücke zu sammeln.
Zwei oder drei von uns haben Strohhüte gekauft.
Kleine Einkehr bei kühler Temperatur. Dann die Busfahrt hinauf zum
Kloster Kaisariani, das byzantinische Architektur der Kreuzkuppelkirchen in einzigartiger
Weise darstellt. Das haben wir erst nicht gefunden, aber die schnellenVoraus-
marschierer hatten dafür zusätzlich den großartigen Ausblick auf die
Stadtlandschaft und auf den Pendeli, jenen Höhenzug mit dem berühmten Marmor.
In privater Initiative wird
der „Aisthetiko Dásos“ gehegt und gepflegt, der besonders schöne „ästhetische“
Wald.
Abends der Auftritt im
PHILADELPHIA, dem deutsch-griechischen Kulturzentrum von 1837 in Maroussi,
geleitet von Frau Dr. Spindler-Niros. Die Deutsche Schule Athen und das Goethe-Institut
hatten uns auf diese Institution hingewiesen. Die Liedfolge war auf
das eher deutschsprachige Publikum zugeschnitten, Menschen die im Großraum Athen leben und
arbeiten. Dennoch erfreuten sich auch die älteren Zuhörer an den engagiert
vorgetragenen Shanties.
Hinterher gab es einen
Empfang, man tauschte Geschenke aus, erfreute sich am Buffet und am
griechischen Wein und plauderte. Ein Referent der Deutschen Botschaft war auch
zugegen. Leider mussten wir um 11 Uhr abends zurück, für griechische
Verhältnisse zu früh.
Der dritte Tag hat uns die
Stadtführerin Angeliki beschert, die übrigens perfektes Deutsch sprach. Zuerst
bewunderten wir die aufregende Architektur des Akropolis-Museums und seine
Schätze aus klassischer Zeit, die für Kunst und Architektur der Welt fortan beispielgebend
war. Danach konnten wir die Akro-polis, die Ober-stadt, selbst besichtigen. Es
ist durchaus etwas weltweit Einmaliges, dass auf einem ebenen Felsklotz Tempel
von vor zweieinhalbtausend Jahren stehen. Weltkulturerbe im Herzen der Stadt.
Abends hatten wir den
Auftritt in der Neuen Schule Athen, die in privater Regie zweisprachig Kindergarten und
Grundschule anbieten.
Die Schulleiterin Frau
Baum mit ihrem jungen, fast nur
weiblichen Team hat uns warmherzig empfangen.
Wir hatten den Lehrerinnen den Text
unseres Medleys „Seelüd an Land“ mit Volksliedern wie „Das Wandern ist des Müllers Lust“
zugeschickt, und die Kinder der Grundschule sangen sehr fröhlich mit.
Ja, sie wurden durch die
Moderation von unserem Ralph und der Frau Baum, wahrscheinlich Griechin,
geradezu angeregt aus sich herauszugehen, und einzelne Lieder gingen dann los auf
„Los“. Los! Und ein Mädchen, vielleicht acht Jahre alt, sang sehr selbstbewusst ins
Mikrofon. Unser eingeübtes griechisches Lied haben sie dann auch mitgesungen.
Deshalb empfanden wir diesen Auftritt als bisherigen Höhepunkt und fuhren beglückt
zurück ins Hotel.
Am vierten Tag haben wir erst
mal unserem Guido zum Geburtstag gratuliert, und dann ging es auf die Reise,
und zwar mit Reiseleiterin Sophia. Erster Haltepunkt war der Kanal von Korinth
mit seinem bis zu 60 m tiefen Einschnitt. Unser Uli Fenner ist mal mit einem
Flottenverband dort durchgefahren.
Auf dem Weg nach
Nafplion/Tolon haben wir noch Mykene wenigstens vom
Busparkplatz aus gesehen, die
dreitausend Jahre alte Bergfestung, die maßgeblich von Schliemann ausgegraben
wurde.
Das Hotel in Tolon war sehr
gut; wir sind dann zielstrebig zum Strand gegangen, um dort ein schnelles Bier zu
trinken. Da hat für die Berufstätigen unserer Gruppe der Urlaub begonnen. Das
Wetter allerdings war absolut „Lübsch“: Sonne und Wolken im Wechsel und
Temperaturen nur mit Jacke zu genießen. Einer von uns, Torsten, hat aber schon ein Bad genommen,
erst im Meer und später im Pool.
Abends fuhr uns Michali mit
seinem sehr modernen Bus hinein nach Nafplion (das alte Nauplia) für unseren
dritten Auftritt in Griechenland. In der Paläa Voulí, dem Parlamentsgebäude aus
den 1830er Jahren, sollten wir nach einem Vortrag auftreten. Nun, die Dame
überzog die Zeit um eine ganze Stunde, eigentlich unhöflich uns gegenüber.
„Wann stirbt der Maler (El
Greco) denn nun endlich?“ fragte Manni ganz leise. Der Vortrag hatte geendet,
sinngemäß, dass El Greco „einer von uns“ sei und man doch froh sein könne,
Grieche zu sein.
Unser Konzert wurde im
Verlauf gekürzt, die Resonanz war nicht ganz so, wie wir es uns dachten bzw.
unser Hartmut Welzel, der alles organisiert hatte, sich erhofft hat.
Umso fröhlicher haben wir
dann nach dem gemeinsamen Essen in einer
Taverne am Hafen zu den Klängen unserer Musiker gesungen und mit einem Ouzo und
einem Trinklied auf Herrn Wienholt im
fernen Hamburg angestoßen.
Humor ist, wenn man trotzdem
lacht: „Herr Janosch, wie kriegen wir die Versöhnung mit den Griechen hin?“-
„Wondrak fliegt hin, trägt jeden, den er so trifft, auf den Olymp, umarmt ihn
und sagt: Wir sind gar nicht so. Dann trinkt er viel Retsina und zahlt sehr,
sehr gut dafür.“ (ZEIT-magazin, Februar 2015)
Der nächste Tag brachte uns
nach einer halbstündigen Fahrt die Besichtigung von Epidauros, dem antiken
Zentrum der Heilkunst mit verschiedenen Möglichkeiten der Unterhaltung und
Zerstreuung, wozu natürlich das wegen seiner Akustik berühmte Amphitheater
zählte.
Leider konnten wir dort nur
zwei Strophen von „Shenandoah“ singen, denn ein diensteifriger Wärter untersagte
uns weiterzusingen, und auch unsere Sophia konnte ihn nicht umstimmen.
Später am Tag sind einige auf
die Festung Palamidi hinaufgestiegen, andere waren nicht so sportlich, sie
blieben unten in dem pittoresken Städtchen und haben sich die Statuen der Bouboulina
oder des Kapodistrias, Freiheitskämpfer in den 1820er Jahren, angesehen.
Interessant auch das Wrack des riesigen englischen Unterseebootes aus jener
Zeit im Hafen, das die Einheimischen Bourtzi nennen.
Es folgte ein Fahrttag: Ebene
von Argolis, Tripolis, Sparti (Sparta), Mistras, Gebirge,
Kalamáta bis nach Pilos im
Westen. Wegweisung und enge Straßen in Sparti waren wie vor 30 Jahren schlecht
für den angewachsenen Verkehr, aber wir fanden den Weg nach Mistras, die
byzantinische Ruinenstadt am Osthang des Taygetos Gebirges. Dieser Kirchen- und
Verwaltungssitz war sieben Jahre später als Konstantinopel vom Osmanischen
Reich erobert worden. Wer byzantinische Architektur mag, ging hier sehr
glücklich hinauf und hinunter, zwischen Klöstern, Kirchen und Palästen. Unser
Jens Schmiedeberg, der für Erste Hilfe zuständig war, hatte immer ein Auge auf
uns und gab uns Sicherheit. Mittagspause im Dorf Mistras, mit Blick auf das
schneebedeckte, bis zu 2400m hohe Taygetos Gebirge. Auf der neuerlichen
Durchfahrt durch Sparti kamen wir am modernen Leonidas-Denkmal vorbei, jenes
Feldherrn, der mit wenigen Kämpfern die Perser aufgehalten hatte.
Thorwald hat sich dann gegen
Michali und Sophia durchgesetzt, die aus Vorsicht den riesigen Umweg auf der
langweiligen Autobahn machen wollten, und so fuhren wir auf der etwas
abenteuerlichen Straße über das Gebirge. Tunnels und Felsvorsprünge hat Michali
mit Bravour gemeistert, bis wir auf die Paßhöhe kamen, wo uns auf 1300 m Höhe mit Blick auf
Schneefelder und uralte Kiefern ein kräftiger Wind durchpustete.
Fahrt hinunter nach Kalamata,
kurzer Kaffee- und WC-Stop, dann nur noch eine dreiviertel Stunde bis nach
Pilos. Das Hotel Karalis war vor allem durch seine Lage ganz prima, denn wir
hatten sogar Balkone mit Blick auf die Bucht von Navarino, den Hafen und die
Insel Sphaktiria. Ab Tolon hatten wir ja immer bis zum Schluss zwei
Übernachtungen, denn wir wollte ja nicht „aus dem Koffer leben“.
Pilos war Urlaub total, denn
bei strahlendem Sonnenschein hatte man Freizeit und bummelte durch die
gemütliche kleine Stadt hinauf zur
Festung, wo übrigens eine 3D-Schau zur Seeschlacht von
Navarino 1827 lief. Die Schiffsfahrt auf
der Bucht hatten wir aufgegeben, denn
bei unruhigem Wasser hätte man sicher nicht die türkischen Schiffe in der
Tiefe erkennen können. Stattdessen haben wir nachmittags die sichelförmige
Voidokilia-Bucht angesteuert, wo sich sieben oder acht von uns in die kühle,
aber herrlich erfrischende Brandung stürzten.
Abends hatten wir eine sehr
versöhnliche Geschichte: Das Hotel wollte für uns einen Empfang machen, zu dem
der Bürgermeister auch kommen wollte, und ob wir singen könnten. So war es
auch. Wir gaben etwa eine halbe Stunde unser Bestes. Der Band- und Chorleiter
der Stadt sowie der Personalchef des Rathauses, Gäste und der Hoteldirektor
hörten hocherfreut zu. Unser Erster Sprecher Christian machte die Honneurs,
dann tauschte man Geschenke aus und erfreute sich am griechischen Wein.
Wir sollten unbedingt
wiederkommen, auch privat.
Denn neben dem guten
Eindruck, den wir doch machten, hatte einer von uns dem Hoteldirektor gegenüber
zum richtigen Zeitpunkt eine freundliche und gezielt politisch passende
Bemerkung gemacht. Wir alle in Europa brauchen gutes Zureden, aber die Griechen
wohl ganz viel. Leider hatten einige von uns
hinterher privat zu laut gesungen, was wegen der Karwoche nicht so
rücksichtsvoll war.
Am nächsten Tag große
Aufregung: Ein Sturmtief sollte Regen, Schnee
und Temperaturen Nähe Null Grad bringen. So sei es in Athen. Tatsächlich
war das Wetter für diese Jahreszeit extrem anders. In Kalamata hatten wir etwa
1,5 Stunden Freizeit, die man für eine kleine Einkehr an der Promenadenstraße
nutzte. Die Stadt ist nach dem Erdbeben von 1986 zügig und mit einer höheren
Geschosszahl wiederaufgebaut worden. Einige deckten sich mit den köstlichen
dunklen Kalamata-Oliven ein. Kaum sind wir im Bus, fängt es an zu regnen. Auf
der Raststätte bei Tripolis in 700m Höhe hatten wir 6 Grad Celsius und die
Schneegrenze lag etwa 150 m höher.
Zwei moderne orangenfarbige
Schneeräumer hatten den Warnblinker gesetzt, aber es war doch alles nur
halb so schlimm. Wir fuhren durch Arkadien, aber von dem Idealbild, das wir aus
Literatur und Malerei kennen, ist natürlich nichts zu sehen.
Hier muss mal der Gedanke
eingeschoben werden, dass das Land neben einer ökonomischen Katastrophe auch
eine ökologische hat. Natürlich gibt es Aufforstung, aber sie kommt nicht
annähernd gegen die jährlichen Waldbrände an. Und vom Wasserproblem,
Staudammbau und der Vernichtung wertvoller Naturareale haben wir während der
ganzen Reise nichts von Sophia gehört.
Mit Hilfe der Brüsseler Strukturfonds sind diese supermodernen
Autobahnen in Griechenland gebaut worden. Die Mautgebühren sind etwa so hoch
wie bei uns, für den Mittelstand im Lande schwer tragbar. Denn, und das
erfuhren wir später von Sophia, und Angeliki bestätigte das: Viele Leute haben
nicht genug Geld für das Benzin und darüber hinaus für die Mautgebühren, um zu
Ostern, dem größten Fest der griechischen Christenheit, „nach Hause“ in ihre
Dörfer zu fahren und müssen in Athen bleiben.
Das fanden wir doch ziemlich erschreckend!
Das Hotel in Loutraki, Nähe
Korinth, war nicht so toll. Immerhin lag es zentral in diesem alten Badeort mit
der schönen Lage am Golf von Korinth, und über der Hauptstraße waren
Ostereier-Lichterketten aufgehängt. Abends pfiff der auch für uns kalte Wind
über die Promenade, so dass wir zügig eine Taverne aufsuchen mussten.
Der neunte Tag brachte
Freizeit und einen Ausflug. Uli und Anja sind ins Thermal Spa von Loutraki
(loutra = Bad) gegangen und fanden das alles sehr schön, aber auch umständlich, ein
wenig so wie in der „DDR“. Der Ausflug ging hinauf auf den Westhang des die
ganze Gegend beherrschende Felsklotzes von Akro-Korinth, Gipfel etwa 560m hoch.
Die letzten 1000 Jahre immer
heiß umkämpft von Kreuzrittern, Türken, Venezianern, Byzantinern und wieder
Türken, siehe Palamidi in Nafplion. Bei Sonnenschein und kühlem Wind sind die
meisten von uns dort raufmarschiert und haben sich an den Pflanzen und dem
Ausblick auf den Saronischen und den Korinthischen Golf erfreut. Fotostop noch
am Eingang des antiken Korinth, das ja eine Hafen-und Handelsstadt mit den
entsprechenden Vergnügungsvierteln gewesen war, weshalb Apostel Paulus dort
missioniert hatte.
Am 10. April ging es zurück
nach Athen, aber mit dem Umweg über Piräus und Kap Sounion. Herrliches Wetter,
nicht mehr so kühl, aber mittags wehte ein steifer Wind. In Piräus fuhren
wir langsam an den beiden kreisrunden
Hafenbuchten mit ihrer Fülle von Yachten entlang, die eine übrigens vor
Jahrzehnten von Tourkolimani in Mikrolimani umbenannt. Angeliki stieg zu,
und „unsere beiden Athenerinnen“ haben sich gut ergänzt. Am Stadion „Irini kai
Philia“ (Frieden und Freundschaft) und an Bauprojekten vorbei, die von
Großreedern und Großindustriellen hochgezogen werden, fuhren wir die
wunderschöne Küstenstraße von Glyfada und Vouliagmeni entlang. Was aus dem
alten Flughafen wird, ist noch nicht bekannt.
Angeliki erzählte die Geschichte vom Helden
Theseus, der nach dem kretischen
Abenteuer vergessen hatte,
weiße Segel zu setzen, worauf sich sein Vater Aegeus, der am Kap Sounion
Ausschau hielt, vor Kummer ins Meer stürzte, wovon das Meer seinen Namen hat.
Der Poseidon-Tempel ist inzwischen perfekt renoviert und abgesperrt, aber den
eingeritzten Namenszug „Byron“ des englischen Lords und Dichters, der im
griechischen Freiheitskampf sein Leben ließ, kann man noch erkennen. Fotos, ein
Bierchen, Andenken.
Auf der Rückfahrt entdecken
wir mehrere Plakate mit dem Wahlspruch: „Oi Ellines den ekbiásontai.“ (Die
Griechen lassen sich nicht erpressen.) Von welcher Partei konnte im Vorüberfahren nicht
erkannt werden. Im Zentrum ein letztes Mal am Tempel des Olympischen Zeus,
am Hadriansbogen und dem Nationalgarten mit der Voulí, dem Parlamentsgebäude,
vorbeigefahren. Beide Athenerinnen hatten uns empfohlen, den Karfreitags-Umzug
abends an der Ecke Vasilissis Sofias und Amalias zu beobachten.
Das haben auch einige getan,
nachdem wir das Hotel Stanley am Karaiskaki-Platz bezogen hatten. Die einen
sind drei kurze Stationen mit der U-Bahn gefahren und die anderen zu Fuß
gegangen. Wieder eine andere Gruppe ist in der Nähe des Hotels zur Agios Pavlos-Kirche gegangen und hat dort
in einer Männertaverne die
Karfreitagssuppe genossen.
Die junge Bedienung war sehr nett und freundlich und wir haben uns von den alten
Männern per Handschlag verabschiedet. Auf dem Vorplatz lauschten wir den
byzantinischen Kirchengesängen, haben auch eine Kerze genommen und dann den
Auszug des Epitaphs beobachtet.
Der letzte Tag in
Griechenland war für den Schiffsausflug nach der Insel Äjina vorgesehen. Mit
der U-Bahn und dann hinaus auf der alten S-Bahn-Strecke nach Piräus. Dort haben
wir auch erst Gate 8 und dann auf Nachfragen
(ein Hafenarbeiter pöbelte etwas mit „Merkel“ hinterher) die Stelle am Kai
gefunden, wo das Schiff ablegte. Leider war es ein Tragflügelboot sowjetischer
Bauart von vor 55 Jahren, das uns mit Höllenlärm und
salzverklebten Fenstern hinüberbrachte. So hatte sich Thorwald das nicht gedacht. Jedenfalls war drüben in Äjina der Aufenthalt
sehr schön, Sonnenschein, eine leichte nicht zu warme Brise bei einem Bier oder
Wein zu genießen. Einige besuchten die Säule, wo früher ein Tempel stand, man
saß unter Tamarisken und einer hat mit großem Genuss in dem flachen Wasser
gebadet. „Blau ist das Meer...“ singen wir, hier war es genau so mit Blick
hinüber zur Argolis. Was will man mehr?!
Es folgte um 14.15 Uhr ein deutlicher
Abfall der guten Laune, denn das Tragflügelboot nahm uns
nicht mit, wir hatten Karten für „Agios Nektarios“.
Ziemlich genervt sind dann
etwa 10 Chormitglieder zum Schalter gegangen, haben sich auf eigene Rechnung
Tickets gekauft und sind dann abgesegelt. Missverständnis: Die Umschläge mit
den Tickets waren ungenügend handschriftlich gekennzeichnet.
Der große zurückgebliebene
Teil der Männer fand sich ein in einer Taverne direkt an der Bucht, wo der
Sonnenschein vom Wasser reflektiert golden in unsere Gesichter schien.
Dreieinhalb Stunden Gemütlichkeit mit guten Gesprächen. Und 18.15 Uhr Fahrt mit der inzwischen
zurückgekehrten Agios Nektarios, ganz gemütlich mit Sonnenuntergang und
Schiffsverkehr, wie auf der Elbe oder der Förde.
Michali mit seiner bildschönen
Tochter und Sophia haben uns mit dem Bus abgeholt. Christian hat gedankt und
die Tütchen mit unseren Unterschriften und Trinkgeld den beiden ausgehändigt.
Abends haben wir dann noch
den Tag oben auf der Dachterrasse mit Blick auf die angestrahlte Akropolis
freundschaftlich ausklingen lassen.
„Christos Anésti!“ grüßen die
Griechen traditionell an ihrem Ostersonntag, aber das fiel beim Frühstück im
Hotel mit internationalem Publikum ziemlich flach, vor allem die Antwort
„Alethós anesti“. Die Majiritsa-Suppe gefiel uns nicht so gut.
Dieser Sonntag war unser
Rückreisetag. Michali und Sophia holten
uns ab, ein letztes Mal luden wir alles ein und es ging zügig zum Flughafen.
„Ihr werdet mir fehlen!“
sagte Michali treuherzig. Auch Sophia fand, dass wir eine besonders nette
Reisegruppe waren. Die Flüge waren wieder tadellos.
Glücklich und gesund, aber
auch geschafft und neugierig auf zu Hause verließen wir den Bus spät abends in
Travemünde.
Eine Bemerkung zur „Situation
Griechenlands und der E.U.“ sei dem Verfasser erlaubt: Der Ausdruck „Grexit“
ist kaltschnäuzig von Technokraten erfunden, und viele Bürger plappern das
nach: „Dann sollen die doch rausgehen!“ Diese schrecklichen Vereinfacher
kümmern sich überhaupt nicht um historische, kulturelle und politische Belange.
„Europa“ ist mehr als nur das Gelingen guter Ökonomie!
Anfang Mai 2015 Thorwald Suhr