2002 POLEN
Przysacielv, chcesz poznac swiat, musisz zobaczyc Polske
Freund, willst du die Welt kennen, mußt du Polen gesehen haben

Hermann Kratz


Sonnabend, 12.10.2002


Lübeck Hbf Gleis 8, sehr früh morgens. Der Triebwagen fährt trotz der Anzeige „Neustadt (Holst)“ erstaunlicherweise doch Richtung Büchen ab. Umsteigen, der EC aus Hamburg hat 20 Minuten Verspätung. Es ist schönes kaltes Herbstwetter, einige von uns haben das aber offenbar falsch eingeschätzt und frieren.

Wir sind 39 Teilnehmer, davon sind 36 Sänger und 3 Combomitglieder. Unser 1. Akkordeonist Gotthard ist erst kurz vor der Reise dank Krystian, unserem Gittaristen, zu uns gestoßen und hat sich in wenigen Wochen unser Reiserepertoire angeeignet.

Unser Reise- und Chorleiter ist Hartmut. Er hat sich schon seit vielen Monaten mit den Vorbereitungen beschäftigt, Internet und Fax waren seine Hilfsmittel. Er ist selbst vor Ort gewesen, und hat uns in den zurückliegenden Wochen immer einmal mündlich und schriftlich kleine Einblicke in seine Planungen gegeben. Wir sind erwartungsvoll, denn mit dem Reiseziel wird der PASSAT CHOR wirklich Neuland betreten.

Wir reisen im Großraumwagen, den EC „Vindobona“ nach Wien kennen wir schon von unserer Pragreise vor 2 Jahren. Die Combo nutzt die Reisezeit für eine Probe im fahrenden Zug. Ein hochgeklappter Tisch schafft ein kleines Studio. Als Hartmut und Peter L. dann noch mit ihren Mundharmonikas dazustoßen, mutiert die Probe zur Jam-Session. „Udo Lindenberg hat was mit Nena“ titelt die umlaufende BILD-Zeitung. Die muß es ja wissen.

Die Fahrt geht über Berlin nach Dresden. Im Bahnhof Neustadt müssen wir noch einmal umsteigen. Der Hauptbahnhof ist nach der Hochwasserkatastrophe noch nicht wieder voll im Betrieb, so kommen wir leider um den herrlichen Blick auf die Stadt.

Im Interregio nach Breslau knüpft Rüdiger mittels eines Apfels Kontakt mit einer mitreisenden Polin und vertreibt sich die Zeit mit langen Gesprächen. Aus dem Raucherabteil kommt ein Gesprächsfetzen herübergeweht: „Qualm ruhig, kriegst ’ne schöne rauhe Stimme von“. (ob das immer wünschenswert ist?)

Grenzbahnhof Görlitz, Passkontrolle. Einer der Sänger, den ich einmal „Pechvogel“ nennen will, hat trotz häufiger Hinweise keinen Reisepass mit, also Zugaufenthalt und Rapport beim BGS. Ein Ersatzpapier kostet immerhin Geld. Kommentar: „Ich habe in meinem Leben schon alles frisiert!“ Weiterfahrt hinein nach Polen, die Brücke über die Neiße markiert die Grenze. Der erste Halt nach kurzer Fahrt im Bahnhof Zgorzelec lässt ahnen, dass die Stadt Görlitz einst geteilt wurde. Handybesitzer werden per SMS freundlich im Bereich des polnischen Mobilfunks begrüßt.

Die Fahrt geht durch weites, flaches Land. Der Herbst ist hier sichtbar eingezogen. Zwei Sänger, die jahrelang zusammen im PASSAT CHOR singen, stellen erst jetzt im Gespräch fest, dass sie schon als Kinder zusammen gespielt haben.

Ankunft in Wroclaw(Breslau). Wir verwechseln in dem weitläufigen Gebäude die Ausgänge. Aber Przemyslaw, genannt Jimmy, unser gebürtiger Breslauer, führt uns zurück auf den rechten Weg. Der Fußweg zum Hotel „Polonia“ ist nicht weit. Ein großes, weitläufiges Hotel mit vielen verwinkelten Gängen ist unser Quartier für 2 Nächte. Die Zimmer sind ordentlich, die Betten allerdings etwas durchgelegen und mit „Betondecken“ abgedeckt, die nur flaches Atmen zulassen und nicht zum Kuscheln einladen. Vielleicht ist das gewollt?

Am Abend Treffen wir uns in Chorkleidung vor dem alten gotischen Rathaus unter der prächtigen, aber maroden astronomischen Uhr. Es ist Wochenende und keine Möglichkeit zum Geldumtausch. Einige von uns bedienen sich mit Erfolg an einem ec-Geldautomaten. Unserem „Pechvogel“ wird so einer zum Verhängnis, denn ihm gibt er weder Geld noch seine ec-Karte zurück.

Gemeinsam gehen wir in den „Schweidnitzer Keller“ unter dem Rathaus. Der war vor 2 Jahren bei dem Oder-Hochwasser vollgelaufen, ist renoviert und gerade vor Kurzem wieder eröffnet worden. Das Menü ist lecker, es kommen darin vor: Gurkencremesuppe, Entenbrust mit Kirschsoße, Klöße, Apfelstrudel mit Schlagsahne ohne Vanillesoße.


Danach haben wir einen Auftritt in der Lounge des Kellers, der sogar in einen Nebenraum auf Großbildwand übertragen wird. Zwar „ungeduldig“ erwartet, wird unser Vortrag aber von den meist jugendlichen Zuhörern nur reserviert beklatscht. Auch Jimmys verbindende Worte in polnischer Sprache bringen den Funken nicht zum Überspringen. Ob wir zu viele deutsche Titel gesungen haben?



Sonntag, 13.10.2002


Der Weg durch die Etagen und Gänge zu einem großen Restaurantsaal läßt Hunger aufkommen, doch das Frühstück ist reichhaltig und gut. Der Heißwasserbereiter für Tee mit dem Wasserballon obendrauf ist gewöhnungsbedürftig, aber wir lernen das schnell.

In der Hotelhalle weist ein Plakat auf unseren gestrigen Auftritt hin, aber mit Datum von heute. Jemand meint, es kostet 20 Zl. Eintritt, aber das ist die Anfangszeit. Man müsste eben polnisch verstehen.

Wir treffen uns zum Stadtrundgang wieder unter der Uhr am Rathaus. Unsere strenge, aber hervorragende Führerin Krystyna zeigt uns 2 Stunden und etliche Kilometer lang im Eiltempo die Stadt.

Breslau war einmal Hansestadt und hatte immer weite Handelsbeziehungen. Gegen Ende von Weltkrieg II zur Festung erklärt, wurde sie durch die Kämpfe und gezielte Sprengungen zu 80 % zerstört. Aber die Stadt ist wieder aufgebaut worden und die Altstadt wurde in vielen Teilen rekonstruiert. Schöne restaurierte Patrizierhäuser stehen rund um den Markt am „Ring“, ehemals Stadtresidenzen von Landadel und Großkaufleuten. Wo sich früher Tuchläden aneinander reihten, dominieren heute Cafés und Restaurants. Das alte Rathaus mit seinen Spitztürmchen beherbergt ein Museum.

In der Nordwestecke hinter zwei kleinen Altaristen- (Messdiener-) Häusern erhebt sich die alte Kirche St. Elisabeth. Ihre abstürzende Turmspitze wurde einst von himmlischen Hilfskräften aufgefangen und so die Umgebung vor Schaden bewahrt. Jimmy berichtet uns, dass er in dem rechten dieser Häuschen seine Frau kennen gelernt hat. Ein großes Denkmal in Form einer stilisierten knienden Figur, dessen Original in Berlin steht, erinnert an Dietrich Bonnhoeffer, der in Breslau geboren wurde. - Von guten Mächten wunderbar geborgen . . . –

Durch enge Gassen kommen wir zu dem prächtigen Barockbau der Universität, leider wegen Immatrikulationsfeiern geschlossen, gehen vorbei an vielen mehr oder weniger gut erhaltenen Sakralbauten, einem düsteren alten Gefängnis und an der Markthalle mit Jugendstilelementen. Über die Brücke eines Oderarms gelangen wir auf die Dominsel und unter den beiden schlanken Spitztürmen des Doms endet unser Rundgang, der über meist holpriges, unebenes Pflaster unseren verwöhnten Füßen einiges abverlangt hat.

Unser mitgereister „Doc“ Jörg hatte kein Kleingeld für eine Toilette, wollte auf der Dominsel, nach einem Vorgänger schnell in das Häuschen schlüpfen, wurde dort eingeschlossen und erst nach heftigen Schimpftiraden wieder freigelassen.


Der Rückweg zum Hotel ist recht weit und eintönig. Wir sind froh, nun wieder im Warmen und Trockenen zu sein, denn während des gesamten Rundganges ist ein kalter Schneeregen gefallen.

Nachmittags warten wir in Chorkleidung und mit allen Instrumenten vor dem Hotel auf eine Dame, die uns zu unserem nächsten Auftritt abholen soll. Sie kommt aber nicht und die Zeit läuft. So erkundet Jimmy, der Nothelfer, unser Ziel und die Fahrtmöglichkeit dorthin und besorgt Fahrscheine für Hin- und Rückfahrt. Die Straßenbahn Linie 0 (wo gibt es so was noch?) hält nahe beim Hotel. Außerhalb der Altstadt geht es durch monotone Großstadtstraßen in ein Vorstadtviertel. Sechste Haltestelle. Vor einem gewaltigen Heizkraftwerk, das die ganze Umgebung dominiert und dicke Rauchwolken ausstößt, finden wir das dazugehörige Klubheim „Energetyka“, unser Ziel.

Die „Deutsche sozial-kulturelle Gesellschaft“, die Vertretung der deutschen Minderheit, hat hier Jahreshauptversammlung. Wegen unseres Besuches auf den heutigen Tag gelegt. Hierher hat Bernd die notwendigen Kontakte geknüpft.

Vom Vorraum aus hören wir deutsche Klänge, eine Ansprache, einen Kinderchor, danach einen Frauenchor mit Begleitung und dann werden wir zu unserem Auftritt herzlich begrüßt.

Jimmy erwidert mit einem Gruß in polnischer Sprache, der begeistert aufgenommen wird. Aber durch das übrige Programm führt Bernd, wie immer bestens vorbereitet und mit den richtigen Worten an richtiger Stelle. Wir ernten viel freundlichen Beifall, unsere Lieder in deutscher Sprache finden bei den vorwiegend älteren Zuhörern großen Anklang und es wird fleißig mitgesungen, zuletzt unterstützt noch das Akkordeon des dortigen Chores, dessen Damen in schlesischer Tracht vor uns sitzen, unsere Combo.

Zum Abschluss gibt es Kaffee, selbstgebackenen Kuchen und viele interessante Gespräche. Mit der Linie 0 kehren wir ins Hotel zurück.

Die Gestaltung des Abends erfolgt in kleinen Gruppen, die sich in Lokalen rund um den „Ring“ zusammenfinden.



Montag, 14.10.2002

Nach dem Frühstück wird gepackt, unsere Reise soll noch weiter Richtung Osten gehen. Kurze Aufregung vor dem Aufbruch. Wir erfahren atemlos, dass unser Zug 20 Minuten früher fahren soll. Dies stellt sich aber als Verwechslung von Ankunft- und Abfahrttafel heraus. Ja, polnische Sprache, oder Nachwirkung des gestrigen Abends?

Unser „Pechvogel“ ist durch ein Missverständnis zu spät geweckt worden, trotzdem kommt er mit Hilfe von Jimmy noch wieder in den Besitz seiner ec-Karte. Die Reise kann beginnen.

Wir steigen in den Zug mit nicht sehr einladenden Waggons. Einer ist nicht beheizt und wer dort eingestiegen ist, sitzt dick vermummt im Abteil.

Nach weiten, heideartigen Ebenen fahren wir durch die grauen Gebiete der Kohlebergwerke und Eisenhütten um Opole (Oppeln), Gliwice (Gleiwitz), Zabrze (Hindenburg, (hier endete einst das „Deutsche Reich“) und Katowice (Kattowitz), danach geht es durch ausdehne, herbstbunte Laubwälder. Der Zug wird oft aufgehalten und wechselt auch einige Male das Gleis wegen umfangreicher Bauarbeiten. Die Schienen hier haben noch Stöße und die Waggons rattern darüber hinweg.
Ankunft in Krakow (Krakau) mit einiger Verspätung. Auch hier geht es wieder zu Fuß mit Sack und Pack und Instrumenten zum Hotel. Weil wir so lange gesessen haben, dürfen wir über hoppelige Bürgersteige einmal rund um einen Häuserblock marschieren.

Das gediegen und altmodisch anmutende Hotel „Polonia“ liegt an der Kreuzung zweier Hauptstraßen. Busse, Straßenbahnen und Autos lärmen draußen vorbei, Einsatzfahrzeuge von Polizei und Rettungsdienst bevorzugen mit ihren Sirenen ebenfalls diese Strecke. Glücklich, wer seine Ohrstöpsel dabei hat. Nachts lässt der Lärm aber für einige Stunden nach.

Am Abend wird die nahegelegene Altstadt schon mal in kleinen Gruppen individuell erkundet.




Dienstag, 15.10.2002


Der Tag beginnt mit regnerischem Wetter, das sich aber zunehmend bessert. Der Frühstücksraum ist nicht sehr groß, und das reichhaltige Frühstücksangebot ist auf einem relativ kleinen Tisch angerichtet. Wenn die Männer des PASSAT CHORES darüber herfallen, sieht es aus wie ein Heuschreckenschwarm, aber die fleißigen Hände des Hotels füllen immer wieder auf.

Es wird bekannt, dass ein Sänger in Breslau seinen Reisepass eingebüßt hat, nun muss er für ein Ersatzpapier zum deutschen Konsulat, damit er wieder zurück nach Schlutup kommt.

Jimmy hat in kurzer Zeit zwei Kleinbusse gechartert und es bleibt unser Geheimnis, wie 39 Sänger mit Instrumenten auf 36 angebotenen Plätzen untergekommen sind. Diese niedrigen Busse sind nichts für hochgewachsene Nordeuropäer, besonders bei dem Zustand der befahrenen Straßen. Wir passieren ein (ernsthaftes) Straßenschild, das einen Trecker und ein Pferdegespann zeigt, die diese Straße nicht befahren dürfen.

Bei herbstlichem Sonnenschein erreichen wir das Salzbergwerkes in Wieliczka und den Schacht Danilowiczka auf einer Anhöhe im Karpatenvorland. Bis zur Besichtigung müssen wir uns noch Wartezeit vertreiben. Eine Freiluftausstellung von alten Feuerwehrfahrzeugen mit messingglänzenden Pumpenzylindern und einer Ausziehleiter zieht nicht nur unseren Feuerwehrmann Jens an. Peter Sch. freut sich über das schöne Wetter und meint: „Am Donnerstag im Zug, da kann es regnen!“ Ob wir uns das wirklich wünschen?

Unsere Gruppe wird geteilt. Instrumententräger und Gehbehinderte werden mit Förderkörben in die Tiefe gefahren. Alle anderen müssen endlose Holztreppen hinuntersteigen, ein irres Vergnügen. Der Blick neben dem Geländer in die schwarze Tiefe läßt erschauern.


Die Salzgrube mit zwei weit auseinanderliegenden Schächten ist seit 1978 Welt-Kulturerbe der UNESCO. Seit 700 Jahren wird hier Salz gewonnen. Das Bergwerk hat 9 Sohlen bis zu 340 Meter tief und etwa 300 km Stollen. Für touristische Zwecke und Heilmaßnahmen stehen die Sohlen 1 bis 3 in Tiefen zwischen 101 und 125 Meter zur Verfügung.

Ein deutschsprachiger Führer in Bergmannstracht begleitet uns 2 Stunden lang durch das Gewirr von Gängen, die häufig von Wettertüren verschlossen sind und erläutert uns, was wir staunend sehen.

Wir kommen zu düsteren Grotten, unterirdischen Seen, vorbei an in Salz gehauenen Skulpturen und Reliefen, die die Geschichte des Bergwerkes und die Arbeit in der Tiefe beschreiben. Durch strahlend erleuchtete Kapellen, hoch wie Kathedralen, mit Altären und unzähligen Heiligenfiguren führt unser Weg. An der „Decke“, In unendlicher Höhe haben Zimmerleute den Berg mit mächtigen Balkenwerken abgestützt. Von da geht der Blick in die Tiefe, zu der wir auf weiteren Holztreppen hinabsteigen und wo immer wieder neue Überraschungen warten.
In der Kapelle der Hl. Kinga (Kunigunde) finden wir unsere Restgruppe wieder. Hier, vor der Salzstatue des Papstes und gegenüber dem in Salz gehauenen Altar, nehmen wir Aufstellung, singen „Shenandoah“ und das „Abendgebet“, Lieder, die in dieser grandiosen Halle wohlklingen.
Unsere Reise durch die Tiefe endet im „Ruheraum“, einem kompletten Restaurant unter Tage, wo sich sogar ein Postamt befindet. Von hier aus geht es zum Aufzug. In 2 Fahrkörben übereinander für jeweils 6 Personen in dichtgedrängter Enge erfolgt die rasante Auffahrt in völliger Finsternis, bis wir wieder das Licht der Oberwelt erblicken. Kleinbusse bringen uns zurück nach Krakau.
Der Nachmittag steht zur freien Verfügung. Bei herrlicher Herbstsonne genießen wir das Treiben auf dem riesigen Markt, auf dem auch zu dieser Jahreszeit noch die Welt zu Hause ist.
Der Trompeter auf dem Turm der Marienkirche lässt zu jeder vollen Stunde in alle vier Himmelsrichtungen sein Signal erschallen. Das endet traditionell mitten in dem Ton, in dem einst sein Vorgänger von dem Pfeil eines exzellenten tatarischen Schützen durchbohrt wurde.
In der prächtigen Kirche können wir den von Meister Veit Stoss geschaffenen Altar bewundern.


Mittwoch, 16.10.2002

Nach dem Frühstück teilt sich unsere Reisegruppe. Einige Sänger fahren zu den nahegelegenen Gedenkstätten von Auschwitz und Birkenau.

Die übrigen treffen sich zum Stadtrundgang mit der sympathischen Führerin Sylvia.

Krakau, die uralte Stadt, in der einst die eigentümliche Liberalität der Habsburger regierte und nicht, wie in Warschau, die Knute des russischen Zaren, gilt als romantischste und charmanteste unter den polnischen Städten. Der geschlossene Kern der Altstadt ist ein städtebauliches Museum, das ohne große Schäden erhalten blieb.

Wir passieren ein mächtiges Torgebäude und gehen durch die enge Gasse zum weiten Marktplatz, in dessen Mitte die lange, reich geschmückte Markthalle mit den vielen kleinen Verkaufsständen steht. Über einem Seiteneingang hängt das schwarze Messer zum Ohrenabschneiden, vor dem wir dringend gewarnt wurden.
Zur Marienkirche hin sehen wir das Denkmal des „polnischen Goethe“, Adam Miekiewicz. Auf der anderen Seite steht der Turm des alten Rathauses, das selbst abgerissen worden ist.

Wir besuchen den historischen Innenhof der Universität, kommen vorbei am Bischofspalais, wo einst der jetzige Pabst residierte und vorbei an vielen Gotteshäusern. Nach kurzem Weg durch den parkähnlichen Grüngürtel steigen wir auf den Wawel, den Burgberg von Krakau. Nach einem Rundgang durch die Höfe der Burg endet unser gemeinsamer Weg.

Der übrige Nachmittag steht frei für eigene Erkundungen. Ein Besuch der auf dem Wawel dominierenden Kathedrale, den Heiligen Stanislaw und Waclaw gewidmet, führt in die prächtige Krönungsstätte der polnischen Könige. Sie ist auch Nekropole von nationalen Helden, kirchlichen Würdenträgern und der polnischen Könige. In einer Gruft ist der Körper des Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen beigesetzt, der als August der Starke auch König von Polen war. Sein Herz ruht in einer goldenen Kapsel in der Schlosskirche zu Dresden.

Wieder im Freien geht der Blick vom Wawel über eine Mauer hinunter zur Weichselschleife und zu den südlichen Stadtteilen, so auch nach Kazimierz, dem jüdischen Stadtviert.

Unser letzter Abend in Krakau. Die Reiseleitung hat für einen weiteren Höhepunkt dieser Reise gesorgt. Wir besichtigen das altehrwürdige Speiselokal Wierzinek, mit den in 3 Etagen gelegenen, gediegen eingerichteten Räumen. Hier haben schon „wichtige Personen gespeist, wie der amerikanisch Präsident Bush. Dann die Überraschung: Wir genießen in einem kleinen Rittersaal ein köstliches Abschiedsmenü.

Der schöne gemeinsame Abend schließt mit Dankesworten an Hartmut für die großartige Vorbereitung und die ruhige Hand in der Durchführung der Reise. Auch an die Dolmetscher Jimmy und Krystian, die immer ihre Sprachkenntnisse zur Verfügung stellten, geht der Dank, ebenso an Gotthard, unseren Reise-Akkordeonisten und letztlich an unseren Schatzmeister.

Der Rest des Abends klingt in den vielfältigen Kulturangeboten von Krakau aus.



Donnerstag, 17.10.2002

Koffer packen, Schlüssel abgeben, Telefonrechnung bezahlen – die üblichen Tätigkeiten bei Auszug aus einem Hotel. Diesmal geht es ohne Umweg zum Bahnhof.

Natürlich bleibt ein Zimmerschlüssel in einer Hosentasche und muss zurückgetragen werden. Ein Schuhputzer nervt uns bis hinein in unseren Waggon. Zunächst ist es problematisch, die reservierten, aber nicht gekennzeichneten Plätze zu finden. Dann hat Hartmut noch eine Überraschung für uns, denn wir sitzen im falschen Waggon, die Bahn hat uns entgegen der ersten Reservierung umgebucht. Also Umzug mit Sack und Pack und Instrumenten in den Nachbarwaggon. Hier finden wir dann endlich unsere Plätze und Ruhe für die nächsten 13 Stunden.

Die Rückfahrt im Euro-City „Wawel“ geht zunächst bis hinter Breslau über die gleiche Strecke. Bei Chojnow (Haynau) verlässt er diese, und wir passieren die Grenze weiter nördlich über den Grenzbahnhof Forst (Lausitz). Unseren beiden Fast-Passlosen werden hier ihre Ersatzpapiere abgenommen.

Wir überqueren wieder den Grenzfluss Neiße. Endlich kann wieder eine BILD-Zeitung die Runde machen. Die Musiker werden noch einmal aktiv. Mit Liedern wie „G’schichten aus dem Wienerwald“ und dem von der „Reblaus“, die er so gerne wäre, verkürzt uns unser Österreicher Gotthard die Zeit.

Weiter gehts über Cottbus, Berlin, Potsdam, Stendal, Lüneburg nach Hamburg. Hier ist wegen leichter Verspätung beim Umsteigen Eile angesagt, der Anschlusszug nach Lübeck wartet. Unser „Reisepechvogel“ toppt seine Strähne, er steht auf dem Bahnsteig und der Zug nach Lübeck fährt ohne ihn ab. Es hat ihm wohl nicht geschadet, denn er wurde schon wieder in Travemünde gesehen.

Gut gelaunt, aber müde kommen wir in Lübeck an. Unsere guten Geister holen uns nach Hause. Wir haben ein fremdes Land, fremde Städte und andere Menschen kennen gelernt und wieder einmal das Erlebnis der freundschaftlichen Gemeinschaft gehabt.